Vertrag von Amsterdam

Vertrag von Amsterdam
Vertrag von Amsterdạm,
 
Amsterdạmer Vertrag, Bezeichnung für das am 2. 10. 1997 im Rahmen eines Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der EU in Amsterdam unterzeichnete Vertragswerk (reiner Änderungsvertrag sowie 13 zusätzliche Protokolle und Erklärungen) zur Weiterentwicklung des Maastrichter Vertrages (Europäische Gemeinschaften, Europäische Union). Nach Abschluss des Ratifikationsverfahrens ist der Vertrag von Amsterdam am 1. 5. 1999 in Kraft getreten.
 
Die inhaltlichen Änderungen und Ergänzungen der vertraglichen Grundlagen der europäischen Integration (EG-Vertrag und Vertrag über die EU) betreffen v. a. folgende Bereiche: 1) Der Vertrag bewirkt eine deutliche Stärkung des Europäischen Parlaments, das nunmehr über erweiterte Rechte verfügt. So bedarf die Ernennung des Präsidenten der Europäischen Kommission künftig seiner Zustimmung, ebenso Sanktionen gegen Mitgliedstaaten. Das Mitentscheidungsverfahren, bei dem Rat der EU und Parlament gemeinsam und gleichberechtigt Rechtsakte erlassen, wurde um 23 Gebiete ausgedehnt. Auch die Fälle von qualifizierten Mehrheitsentscheidungen im Rat wurden erweitert, die Notwendigkeit von Einstimmigkeit verringert. Die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofes wurde etwas erweitert. 2) Wesentlicher Teile der Zusammenarbeit in Justiz und Innenpolitik (z. B. Visa-, Asyl- und Einwanderungspolitik) sowie das Schengener Abkommen wurden in den EG-Vertrag integriert, was die Wirksamkeit der hier erlassenen Maßnahmen erhöhen dürfte; Ausnahmeklauseln gelten für Dänemark, Großbritannien und Irland. 3) Wichtige institutionelle Weichenstellungen, aber wenig substanzielle Fortschritte gibt es im Bereich Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). 4) Fortschritte konnten auch bei einer Reihe bürgernaher Themen erzielt werden. So wurden die »Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus« in den Zielkatalog der Union sowie ein Titel »Beschäftigungspolitik« in den EG-Vertrag aufgenommen und das Subsidiaritätsprinzip stärker betont. Der Vertrag verstärkt die Möglichkeit der Sanktionierung (Aussetzung von Vertragsrechten) von Mitgliedstaaten, die die Grundsätze der Union (Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Schutz der Menschenrechte) schwerwiegend und anhaltend verletzen; diese Grundsätze werden auch zur ausdrücklichen Beitrittsvoraussetzung erklärt. 5) Eine Flexibilitätsklausel sieht vor, dass einzelne Mitgliedstaaten mit Zustimmung der anderen (qualifizierte Mehrheit nötig) bei bestimmten Vorhaben enger zusammenarbeiten können, sofern dies die gemeinsame Integration nicht behindert (Prinzip des »Europas der verschiedenen Geschwindigkeiten«). 6) Nachdem auch Großbritannien der gemeinschaftlichen Sozialpolitik zugestimmt hatte, wurde das »Sozialprotokoll« des Maastrichter Vertrages in den EG-Vertrag eingefügt.
 
Zur Formulierung eines eigenen Grundrechtskatalogs der Gemeinschaft kam es in Amsterdam ebenso wenig, wie zu den im Zusammenhang mit der geplanten EU-Erweiterung notwendigen institutionellen Reformen (z. B. Anzahl der Kommissare, Richter und Parlamentsabgeordneten, Stimmgewichtungund Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union, Arbeitsweise der Europäischen Kommission). Nach etwa einjähriger Arbeit eines 62-köpfigen Konvents konnte am 18. 12. 2000 im Rahmen einer Regierungs-Konferenz in Nizza die Europäische Grundrechte-Charta proklamiert werden. Die Frage ihrer Eingliederung in das Vertragswerk ist noch ungeklärt.
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Europäische Union: Die Weiterentwicklung der Integration
 

Universal-Lexikon. 2012.

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